Scarazula: “MAGISCHE VERSAMMLUNG”
Eklektiker - von Joschi Schumann
Nimmt man die neue CD der Münchner Formation “Scarazula” zunächst einmal nur in Augenschein, so fällt die seltsame Verkleidung des auf dem Cover abgebildeten Musikers auf. Das setzt sich im üppig bebilderten 12-seitigen Booklet fort, wo zu den mitteleltaerlich vorstellbaren, durchaus aber auch fantasiefähigen Gewandungen gar noch eine Tänzerin in entsprechendem Outfit gezeigt wird. Wer die Szenerie einmal live erlebt hat, weiß, das passt, aber hier stellt sich die Frage: Eklektiker?
Auf der mit gut 65 Minuten gefüllten, prallen CD, einer CD, die ihren gegenüber der LP gewonnenen “Spielraum” auch nutzt, fallen weiterhin die 15 Titelnamen auf. Um eine kontrastreiche kleine Sammlung zu nenen: Es reicht von “Ritter von Haardegen” über “Baksish” zu “Dirty Gertie” und “Kung Fu Circus”. Auch hier die Frage: Eklektiker?
Höre ich nun endlich auch in dieses neueste Werk, mithin die dritte Produktion des seit 1985 bestehenden Ensembles, hinein, findet sich die Antwort: Ja, Eklektiker!
Und zwar im besten Wortsinn: Auswählen und daraus etwas Neues schaffen: “Scarazula” spielt nicht einfach originalgetreu mittelalterliche Musik nach, sondern bearbeitet sie im eigenen Stil und ist insbesondere durch den immensen musikalischen Erfahrungsschatz und die improvisatorischen Fähigkeiten von Thomas Gundermann, von dem allein 9 der 15 Titel stammen, dazu in der Lage. Er spielt unzählige Instrumente selbst und kann sowohl aus jazzigen und rockigen Quellen schöpfen, als auch durch weltweite Begegnungen, z.B. mit indischen und afrikanischen Musikern, um neue Farben bereichern.
1982 war Thomas Gundermann in Indien und erlernte dort in Benares beim Altmeister Kahnia Lal das Spiel auf der nordindischen Shenai (Sopran-Schalmei). Diese Kenntnisse übertrug er auf die Altdeutsche Sackpfeife und erwarb sich als Virtuose einen einzigartigen Ruf in der Mittelalterszene.
Das ist eine Richtung, der sich “Scarazula” auch weiterhin annehmen möchte und die sie bis hin zur Mitwirkung von Musikern aus aller Welt, sowohl auf der CD, als auch bei Live-Konzerten praktiziert. So wirkt bei “Wintervogelsang” Mamadou Sanou aus Burkina Faso an Djembe und Metallbalafon mit, live erlebt ein excellenter Musiker, dem die kompliziertesten Rhythmen scheinbar mühelos aus den Fingern fließen.
Mir persönlich, aufgewachsen zunächst fast ausschließlich mit klassischer, respektive romantischer Musik und im Laufe der Zeit die Liebe zur Rockmusik entdeckt habend, juckte es beim ersten Hören, bei manchen Passagen, einzugreifen, um noch einen “Turbo” zuzuladen, aber insgesamt finde ich dieses Album eine Bereicherung meiner Sammlung, besonders durch die darauf präsentierte Vielfalt.
Aber trotz noch so vieler Facetten der CD: Eines kann sie nicht wiedergeben und deswegen sollte man sich diese Gruppe auch unbedingt live ansehen: Der Tanz! - Und wie könnte es anders sein: Auch das ist eine Mischung verschiedener Elemente: Jazzdance, Modern Dance und Arabischer Tanz: “Scarazula” - fürwahr eine “Magische Versammlung”.
|